Prognostizierte Steuereinnahmen: Knallhart verkalkuliert

Nach der lange erwarteten Steuerschätzung ist klar: Berlin muss in diesem Jahr wohl mit 174 Millionen Euro weniger Einnahmen auskommen als eingeplant.

Das Bild zeigt Finanzsenator Stefan Evers (CDU)

Kein Wumms, kein Doppel-Wumms, keine Bazooka: Finanzsenator Stefan Evers (CDU) Foto: Annette Riedl/dpa

BERLIN dpa/taz | Lange wurde in Berlin darüber diskutiert, nun ist klar: Berlin muss sich auf weniger Steuereinnahmen einstellen als geplant. Auch wenn die Berliner Wirtschaft vergleichsweise gut dastehe, führe die bundesdeutsche Wachstumsschwäche zu Steuermindereinnahmen auch für die Hauptstadt, teilte die Finanzverwaltung am Freitag unter Berufung auf die aktuelle Steuerschätzung mit.

Nach den regionalisierten Ergebnissen für das Land Berlin belaufen sich die Einnahmen im laufenden Jahr voraussichtlich auf rund 28,6 Milliarden Euro und im kommenden Jahr auf rund 30,2 Milliarden. Im Vergleich zu den Planungen im Doppelhaushalt sind das 2024 rund 174 Millionen Euro weniger als erwartet und im kommenden Jahr rund 188 Millionen weniger. Zum Vergleich: Für das umstrittene Lieblingsprojekt von SPD-Noch-Landeschefin Franziska Giffey, das 29-Euro-Ticket für alle, sind im Haushalt 300 Millionen Euro im Jahr auf der Ausgabenseite reserviert.

Finanzsenator Stefan Evers (CDU) wies dann auch auf die Konsequenzen der geringeren Steuereinnahmen hin. „Das bedeutet für die laufende Konsolidierung des Berliner Haushalts natürlich zusätzliche Herausforderungen, auf die ich immer wieder hingewiesen habe“, betonte Evers. Um dann sein Mantra zu wiederholen: „Die Staatsausgaben müssen schnellstmöglich in den Normalmodus zurückkehren. Für zusätzliche Ausgabenwünsche ist kein Raum mehr.“

An die Ampel-Regierung im Bund appellierte Evers, sich dringend um das deutsche Wirtschaftswachstum zu kümmern: „Die Berliner Wirtschaft steht zwar gut da, aber wir können nicht allein die wirtschaftspolitische Schwäche des Bundes kompensieren.“ Niemand könne sich damit abfinden, dass ausgerechnet Deutschland sich im weltweiten Vergleich so schlecht entwickele.

Deutliche Rückgänge auch im Bund

Der Arbeitskreis Steuerschätzung kommt zweimal im Jahr zusammen, im Frühjahr und Herbst. In dem Gremium sitzen Experten der Bundesregierung, der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute, des Statistischen Bundesamts, der Bundesbank, des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland sowie Vertreter der Länderfinanzministerien und der Kommunen. Die aktuelle Steuerschätzung für den Bund wurde bereits am Donnerstag vorgestellt. Auch im Bund sind deutliche Rückgänge bei den Steuereinnahmen zu erwarten.

In der Berliner Landespolitik dürften die Daten die Stimmung weiter trüben. Evers hatte sämtliche Senatsverwaltungen zuletzt aufgefordert, bis zu diesem Freitag Vorschläge einzureichen, wie sich in allen Ressorts zwei Prozent einsparen lassen. Anfang des Jahres hatte es im Streit um die Sparzwänge in der schwarz-roten Regierungskoalition noch die Hoffnung gegeben, nach der Steuerschätzung im Mai sei der Spardruck womöglich kleiner.

Nicht zuletzt SPD-Innensenatorin Iris Spranger und SPD-Fraktion- und Noch-Landeschef Raed Saleh hatten scharfe Kritik an den pauschalen Sparvorgaben geübt. Saleh warf Evers vor, er mache es sich mit seiner Rasenmähermethode sehr leicht. Zugleich verwies der SPD-Mann stets frohen Mutes darauf, dass man doch erst mal die Steuerschätzung abgewartet werden sollte, bevor festgezurrt wird, wie viel und wo gespart werden muss. Vielleicht stehe Berlin ja auch besser da.

Anders als Saleh hatte CDU-Finanzsenator Evers schon im Januar vor zu hohen Erwartungen an die Steuerschätzung gewarnt und darauf hingewiesen, es könnten sogar zusätzliche Sparanstrengungen erforderlich werden. Der taz sagte Evers in dieser Woche: „Wumms, Doppel-Wumms, Kanzler-Bazooka – diese Zeit ist vorbei.“

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